Letztes Wochenende hat Wolfgang Bergthaler, den Lesern meines Buchs bekannt unter dem Namen „Der Wolf“, das erste Seva India Festival in Wien veranstaltet. Das Event ist quasi das Nachfolgeformat zu den IndiaCamps, das ich in den Jahren 2011 und 2012 mit ihm gemeinsam organisiert habe – und ich muss ihm neidlos zugestehen, dass er das Konzept auf ein komplett neues Level gehoben hat: Das neue Event im Wiener Markhof dauerte diesmal nicht einen, sondern gleich zwei Tage (wiewohl ich aus gesundheitlichen Gründen nur den ersten Tag erleben konnte) und wurde schon am Vorabend des ersten Tages mit dem Screening des Dokumentarfilms „Ohne Bekenntnis“ von Sandeep Kumar eröffnet.
Das Programm war bunt gestaltet, reichte von Kochkursen über Yoga und Ayurveda bis zu Podiumsdiskussionen über Bollywood und Start-ups.
In der ersten Podiumsdiskussion des ersten Tages sprachen Vertreter der indischen Diaspora über ihre erste interkulturellen Erfahrungen in Wien. „Der Naschmarkt war damals ein schmutziger Ort, an dem es nach Sauerkraut stank“, sagte etwa der erste Sikh, der nach Wien kam.
Gleich danach tauchte ich ein ganz anderes Thema ein: Die Bedeutung des Human Design bei der Entstehung des indischen Staates. Nicht wissend, worum es sich bei Human Design handelt, fand ich mich sogleich in einem Raum wieder, indem erklärt wird, dass Indien sich bei der Staatsgründung von Astrologen hat beraten lassen. Die Human Designer definierten anhand bestimmter Sternkonstellationen „Kreuze“, die wiederum etwas repräsentieren. Stark an prägenden Daten der indischen Geschichte waren offenbar das „Kreuz der Erklärung“ und das „Kreuz der Phantasie“, aber auch das „Kreuz des Unerwarteten“ – zumindest mit letzterem kann sich wohl jeder identifizieren, der schon mal durch Indien gereist ist.
Ich stelle Euch hier mal die Slides des Vortrags rein – vielleicht kann ja jemand von Euch damit mehr anfangen als ich.
Weiter ging es mit einer Session über Sprachen. Was ich nicht gewusst habe: Indien ist mit seinen 780 Sprachen nur das Land mit den zweimeisten Sprachen der Welt. Die Pole Position hat hingegen Papua Neu-Guinea inne, das auf heiße 839 Sprachen kommt. Hindi wird von nur 43 Prozent der Bevölkerung gesprochen, die hauptsächlich im Norden lebt. Gandhi und Modi hatten beide als Muttersprache Gujarati, die Muttersprache von Google-Manager Sundar Pinchai ist Tamil und Satya Nadella, CEO von Microsoft, hat Telugu mit der Muttermilch aufgesaugt.
Viele Wörter aus den indischen Sprachen haben es auch in den westlichen Sprachschatz geschafft, auf der anderen Seite sind jedoch einige der Sprachen vom Aussterben bedroht – Grafiken dazu findet Ihr am Ende dieses Beitrags in den Tweets, die ich während des Events raus geschossen habe.
Start-ups und Bollywood-Stars
Nach den ersten drei Sessions habe ich mir erst mal ein paar Gläser Chai rein gekippt (wie eingangs erwähnt hatte ich an dem Wochenende mit einer leichten Grippe zu kämpfen) und Sikhs beim Turban-Binden beobachtet. Danach habe ich mich in die nächste Panel-Diskussion gesetzt, in der Doris-Christina Steiner sich mit Unternehmern und VCs über Start-ups in Indien unterhielt. Quintessenz: Dort passiert mehr, weil sie mutiger sind und noch immer mehr Probleme zu lösen haben – und dementsprechend ist der Markt auch für hiesige Start-ups reizvoll, weil er noch immer nicht komplett erschlossen ist.
Noch ein paar Chais, und dann grippig auf zur nächsten Session: Bollywood. Ich hab davon nur das Ende mit bekommen, möchte an dieser Stelle aber gerne eine Lanze für Sandeeps Film „Ohne Bekenntnis“ brechen, der auf sehr menschliche Weise das Leben von Hindus in Österreich portraitiert. Ein ausführliches Review zum Film könnt Ihr unter diesem Link lesen.
Den krönenden Abschluss meines Tages fand ich schließlich bei Sebastian Buchner. Der Journalist, Traveller und Geschichtenerzähler entführte uns mit seinen Erzählkünsten wieder mal gekonnt ins Reich der Phantasie. Das ist ihm schon bei den IndiaCamps gelungen, weshalb wir ihn auch damals schon als Headliner hatten. Danach konnte ich guten Gewissens heim gehen und mich ins Reich der Träume – a.k.a. das Krankenbett – begeben.
Ich freue mich schon auf nächstes Jahr. Dann bin ich hoffentlich etwas gesünder.