Auf der Ars Electronica bin ich bekanntermaßen Stammgast – kein österreichsicher Nerd sollte meiner Meinung nach dieses Highlight des digitalen Ultra-Exzesses verpassen; jedes Jahr verlasse ich nach etlichen Stunden voller Roboter und Laser mit einem Brummschädel die hoamatländische Landeshauptstadt Linz. Diesmal war aber alles etwas anders.
Erstens, weil die Location sich geändert hat. War früher noch ganz Linz zu einer gewaltigen Ausstellungsfläche mutiert, hat man sich nun auf das Gelände der ehemaligen Tabakfabrik reduziert. Das hat den Nachteil, dass Kulturtouristen im Rahmen des Kurzbesuchs von Linz selbst recht wenig sehen; dafür aber die Vorteile, dass weniger Kilometer zurück gelegt werden müssen, die Innenräume der Fabrik jedem Wetter stand halten und man nebenbei die verstörende Architektur der 30er Jahre bewundern kann.
Zweite große Änderung: Das Thema. Mit „Repair – sind wir noch zu retten“ (bewusst ohne Satzzeichen, quasi eine Aussage in Fragestellung-Satzform) versucht man, sich selbst vor der modernen Welt zu retten und alles zu reparieren. Ironischerweise wird dadurch die Technik-Kunst-Ausstellung zu einer Warnmeldung vor der Technik: Gleich im ersten Ausstellungsraum hatten wir die Möglichkeit, elektromagnetische Strahlung zu hören – und beschlossen anschließend, uns zukünftig von Bankomaten nicht nur aus finanziellen Gründen fern zu halten.
Ähnlich ging es in anderen Hallen weiter: Wir lauschten einem beruhigenden Klavierkonzert in einer großen Industriehalle, entdeckten Möglichkeiten zum Anbau von Gemüse in Stadtwohnungen und trafen auf ein paar digitale Unternehmer, unter anderem Andi Klinger von Garmz. Vollkommen abseits des Digitalen: Die „Body & Soul-Factory“, bei der Klangschalenmeditation ebenso ihren Platz fand wie die Veranstaltung „Beten für den Planeten“. Okay… und wo sind jetzt die Roboter und Laser, bitteschön?
Dazwischen haben wir sie dann doch gesehen, zum Glück. Bei den Japanern (keine Ars ohne ein Highlight aus Tokio!) hatte ich die Möglichkeit, mit einem Roboter zu sprechen und ihn anschließend zu umarmen. Außerdem gab es muszierende Aschenbecher und einen Automaten, der mir auf Zuruf eine Zigarette in den Mund schießen wollte – zum Glück für meine Gesundheit aber um einen guten Meter verfehlte. Bei einem interaktiven Ausstellungsstück hatte ich die Aufgabe, möglichst viele Supermarkt-Produkte einzuscannen, meine charmante Begleitperson schlug im Rahmen eines virtuellen Boxkampfes auf ein Kissen ein.
Das war cool.
Und irgendwie wünsche ich mir, dass es auf der Ars 2011 dann wieder mehr digitales Zeug gibt, statt Unternehmer, die in Messe-Manier ihre Angebote anpreisen und irgendein Esoterik-Blabla. Ich habe prinzipiell weder gegen das eine, noch gegen das andere etwas einzuwenden – aber nicht in Linz. Da will ich Roboter sehen. Und Laser. Groß, laut und bunt. Bitte. Danke.
2 Kommentare
Auf den Supermarktscanner hatte ich ganz vergessen – was ein schönes, wahres Spiel!
[…] Stefan Mey, Ist Linz noch zu retten. […]