Straßenschlachten, Polizeiterror, kompletter Stillstand in der Metropole am Bosporus – glaubt man den deutschen Nachrichten, so war am 1. Mai in Istanbul die Hölle los. Doch tatsächlich lautete das dominierende Wort des Tages: „Kapali“ – das ist türkisch und bedeutet „geschlossen“. Denn geschlossen war die gesamte Gegend rund um den Taksim-Platz, sowie die Einkaufsstraße Istiklal und die angrenzenden Wohngebiete. An wenigen Orten soll es Ausschreitungen gegeben haben – das entnahm auch ich den Medien -, an den meisten Stellen war es aber so ruhig wie an diesem Straßenstück an der Istiklal, dem Istanbuler Gegenstück zur Wiener Mariahilfer Straße. Das bedeutet nicht, dass die Bevölkerung nicht verärgert war. „Nur für Bewohner der Hotels“, sagt mir einer der Polizisten, als ich versuche, durch die Absperrungen zu gelangen. „Aber ich bin ja hier auf Urlaub und will mir den Taksim-Platz ansehen“, erläutere ich, unschuldig dreinblickend wie ein Osterlamm – Keine Chance, der Mann bleibt hart. „Willkommen in Istanbul“, sagt eine Türkin neben mir süffisant, und fügt, als wir uns von der Absperrung entfernen, hinzu: „Dies ist unser Gefängnis.“ Auf der Suche nach einem anderen Durchgang treffen wir ein asiatisches Pärchen, das heute nach Mailand weiter reisen möchte und – mit schweren Koffern bepackt – zum Flughafen gelangen muss. Ihr Problem: Die öffentlichen Verkehrsmittel stehen in der Gegend still, die Straßen sind in den kritischen Zonen für Fußgänger und im weiteren Umfeld auch für Autos gesperrt. Auch hier bleibt der Polizist hart: Keine Chance für die beiden Touristen, die Istiklal zu überqueren, um auf der anderen Seite ein Taxi in Richtung Flughafen zu erwischen. Die Türkin bricht mit den Beiden auf, um eine Alternative zu suchen, trägt dabei ihre Koffer: „Heute ist ja der Tag der Solidarität“, sagt sie schmunzelnd. Währenddessen hämmert eine alte, bloßfüßige Frau wild gegen die Absperrung und flucht lauthals; sie hat eine Gitarre auf den Rücken geschnallt. Bereits am Vorabend war sie mir auf der Istiklal aufgefallen: Sie bildet sich ein, besagte Gitarre auch mit nur einer Hand spielen zu können, ist offensichtlich psychisch geschädigt und will nun zu ihrem Arbeitsplatz, um ihr Publikum mit ihrer Musik zu beglücken. Der Polizist lacht sie aus. So viel dazu. Was also tun, wenn das Zentrum des kapitalistischen Konsums gesperrt ist und es dem Reisenden vorenthalten wird, Geld im Ausland zu verprassen? Man sucht sich Alternativen und genießt ein wenig die überraschend eingekehrte Ruhe in weiten Teilen der Innenstadt. Denn nicht wenige Einwohner haben die kurzfristigen Verkehrsberuhigungen auch genossen. Etwa diese Jungs, die die Straße in ein Fußballfeld verwandelten… …diese Radfahrerinnen… …und dieser Hund. Gewiss, Ausschreitungen wird es am 1. Mai am Bosporus gegeben haben. Jedoch sollte man stets die Kirche – pardon: Moschee – im Dorf belassen: In einer Stadt mit über zwölf Millionen Einwohnern kann es leicht passieren, dass das eine Ende der Stadt in Straßenschlachten versinkt, während das andere ruhigen Gewissens in den Mai hinein tanzt.
Straßenschlachten, Polizeiterror, kompletter Stillstand in der Metropole am Bosporus – glaubt man den deutschen Nachrichten, so war am 1. Mai in Istanbul die Hölle los. Doch tatsächlich lautete das dominierende Wort des Tages: „Kapali“ – das ist türkisch und bedeutet „geschlossen“. Denn geschlossen war die gesamte Gegend rund um den Taksim-Platz, sowie die Einkaufsstraße Istiklal und die angrenzenden Wohngebiete. An wenigen Orten soll es Ausschreitungen gegeben haben – das entnahm auch ich den Medien -, an den meisten Stellen war es aber so ruhig wie an diesem Straßenstück an der Istiklal, dem Istanbuler Gegenstück zur Wiener Mariahilfer Straße. Das bedeutet nicht, dass die Bevölkerung nicht verärgert war. „Nur für Bewohner der Hotels“, sagt mir einer der Polizisten, als ich versuche, durch die Absperrungen zu gelangen. „Aber ich bin ja hier auf Urlaub und will mir den Taksim-Platz ansehen“, erläutere ich, unschuldig dreinblickend wie ein Osterlamm – Keine Chance, der Mann bleibt hart. „Willkommen in Istanbul“, sagt eine Türkin neben mir süffisant, und fügt, als wir uns von der Absperrung entfernen, hinzu: „Dies ist unser Gefängnis.“ Auf der Suche nach einem anderen Durchgang treffen wir ein asiatisches Pärchen, das heute nach Mailand weiter reisen möchte und – mit schweren Koffern bepackt – zum Flughafen gelangen muss. Ihr Problem: Die öffentlichen Verkehrsmittel stehen in der Gegend still, die Straßen sind in den kritischen Zonen für Fußgänger und im weiteren Umfeld auch für Autos gesperrt. Auch hier bleibt der Polizist hart: Keine Chance für die beiden Touristen, die Istiklal zu überqueren, um auf der anderen Seite ein Taxi in Richtung Flughafen zu erwischen. Die Türkin bricht mit den Beiden auf, um eine Alternative zu suchen, trägt dabei ihre Koffer: „Heute ist ja der Tag der Solidarität“, sagt sie schmunzelnd. Währenddessen hämmert eine alte, bloßfüßige Frau wild gegen die Absperrung und flucht lauthals; sie hat eine Gitarre auf den Rücken geschnallt. Bereits am Vorabend war sie mir auf der Istiklal aufgefallen: Sie bildet sich ein, besagte Gitarre auch mit nur einer Hand spielen zu können, ist offensichtlich psychisch geschädigt und will nun zu ihrem Arbeitsplatz, um ihr Publikum mit ihrer Musik zu beglücken. Der Polizist lacht sie aus. So viel dazu. Was also tun, wenn das Zentrum des kapitalistischen Konsums gesperrt ist und es dem Reisenden vorenthalten wird, Geld im Ausland zu verprassen? Man sucht sich Alternativen und genießt ein wenig die überraschend eingekehrte Ruhe in weiten Teilen der Innenstadt. Denn nicht wenige Einwohner haben die kurzfristigen Verkehrsberuhigungen auch genossen. Etwa diese Jungs, die die Straße in ein Fußballfeld verwandelten… …diese Radfahrerinnen… …und dieser Hund. Gewiss, Ausschreitungen wird es am 1. Mai am Bosporus gegeben haben. Jedoch sollte man stets die Kirche – pardon: Moschee – im Dorf belassen: In einer Stadt mit über zwölf Millionen Einwohnern kann es leicht passieren, dass das eine Ende der Stadt in Straßenschlachten versinkt, während das andere ruhigen Gewissens in den Mai hinein tanzt.
1 Kommentar
[…] gewohnt seid. Eine weitere Software braucht Ihr nicht, bei mir hat die Anwendung 2014 in der Türkei problemlos geklappt – ich konnte mir jedes YouTube-Video ansehen, auf das ich gerade Lust […]