Seit gut 24 Stunden bin ich nun wieder in Wien. Das bedeutet: Warme Dusche. Grauer Himmel. Trinkbares Leitungswasser. Keine Stromausfülle. Keine Tiere auf der Straße. Auch nicht in der Kleidung. Und über die Straße geht man nur, wenn die Ampel grün leuchtet. Meistens zumindest; meistens, wenn Kinder zusehen.
Mein Kopf hängt noch ein wenig in Mumbai; denkt an die letzten warmen Tage dieses Jahres. Dort bin ich mit meiner Schwester und einem Aussteiger-Backpacker vor der Universität im Fort-Viertel gesessen, in einem kleinen Park, habe unter der heißen Mittagssonne ein Cricket-Spiel verfolgt, dazwischen in den frisch erworbenen Comics gelesen, die die Geschichten von Ganesh, dem Gott mit dem Elefantenkopf, erzählen. „How culturally immersive is that?“ hatte Martin, der Aussteiger, gefragt. Wo er Recht hatte, hatte er Recht.
Am Nariman Point gestanden und die Fischerboote beobachtet, wie sie sich in den Wellen wiegen. Den Marine Drive entlang spaziert und Familien der Neuen Mittelklasse gesehen, wie sie den Abend am Meer verbringen. Nachts über die Chowpatti Beach spaziert; dann einen Kaffee im Coffee Day getrunken, wo sich wohlhabende junge Inder auf einen Plausch treffen. Starbucks-Kopien und Mittelklasse-Familien, relativ wenig Obdachlose – viel ändert sich, wenn man 15 Jahre lang fort ist.
Andere Dinge wiederum bleiben gleich. Die Deutsche Schule Bombay, in der ich die Vormittage meiner Kindheit verbracht hatte, steht noch immer; der Garten ist genau so eine Oase der Ruhe wie damals. Die Nachmittage hatten wir im Breach Candy Club verbracht; auch den gibt es heute noch, und die deutschsprachige Community trifft sich dort täglich. Familien planschen dort im Pool, Kinder lernen Tennis spielen – und das Soda Lemon ist das beste der ganzen Welt.
Die meisten Backpacker bleiben nicht lange in Mumbai, finden die Stadt zu hektisch, sind irritiert durch die Anzug-tragenden Business-Leute, die in Colaba herum spazieren. Aber ich liebe dieses Drecksloch mit seinen 14 Millionen Einwohnern. Denn ich habe gemerkt: Auch Mumbai ist Zuhause. Hier bin ich aufgewachsen, und ich kenne noch immer so manche Ecke der Halbinsel wie meine Westentasche. Sie hat mich geprägt und mich zu einem Teil zu dem gemacht, was ich heute bin. Und das ist gut so.
Übrigens: Ich geh oft bei Rot über die Straße.