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Österreichs unterschätzte Underdog-Hotels: Weniger ist manchmal mehr

Das Faulenzerhotel. (c) Faulenzerhotel

Das Faulenzerhotel. (c) Faulenzerhotel

Die Frau an der Rezeption ist sehr freundlich. „Am Nachmittag gibt es einen kleinen Snack in der Lobby,“ sagt sie, und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Den können Sie auch im Bademantel zu sich nehmen.“ Willkommen im Faulenzerhotel. Der Name ist Programm: Die Gäste sollen nichts andres machen, als sich mal ordentlich gehen zu lassen – keine Termine, keine Verpflichtungen. Vor ein paar Jahren habe ich über dieses Hotel schon geschrieben, als es gerade gegründet wurde; nun wollte ich ihm mal einen Besuch abstatten. Incognito, ohne Vorankündigung.

Ob es einem Workaholic wie mir wohl gelingt, einfach mal zwei Tage lang nichts zu tun?

Mir fällt beim Schreiben dieses Beitrags gerade ein, dass ich noch nicht mal ein Foto vom Hotel gemacht habe. Irgendwie scheint das also geklappt zu haben, dieses Konzept des Faulenzens. Das liegt erstens daran, dass das Hotel wirklich gut durchdacht ist: Es gibt den eingangs erwähnten Nachmittagssnack, für den man sich nicht mal sonderlich schick machen muss; ergänzend können besonders Faule einen Koffer-Ein-und-Auspackservice in Anspruch nehmen, sich via Sänfte vom Parkplatz ins Hotel tragen lassen oder sich einen iPod mit Hörbüchern ausborgen – für den Fall, dass das Lesen eines echten Buchs zu anstrengend ist. Außerdem gibt es Faulenzer-Seminare mit Faulenzer-Coaches für jene Gäste, die das Nichtstun auch langfristig aktiv zelebrieren wollen.

Zweitens liegt der Effekt der Instant-Entspannung aber auch an etwas ganz anderem: Dem Mangel an Alternativen. Denn zwar gibt es einen Wellness-Bereich – aber im Gegensatz zu diversen Highend-Thermen ist das Angebot etwas mager: Eine Infrarotkabine für zwei Personen ist vorhanden, sowie eine Sauna und ein Dampfbad. Und ein Pool, aber ohne Rutschen. Das wäre ja zu aufregend. Aufgüsse werden nicht gemacht. Klingt irgendwie etwas unspektakulär, fügt sich aber genau deshalb so wundervoll ins Konzept ein: Während man in großen Thermen von Aufguss zu Aufguss hetzt und um einen Platz in der obersten Reihe kämpft, ist es hier schlichtweg wurscht, wann und wie man sauniert: Ich war fast immer allein in der Sauna, die anderen Gäste haben währenddessen geschlafen. Was ich übrigens auch den Großteil des Wochenendes gemacht habe.

Irgendwie hat mich das alles ein wenig an Rechberg erinnert… Rechberg?

Ja. Rechberg. Ein Ort, den vermutlich keiner kennt und auf den wir im Rahmen eines Winter-Abenteuers zufällig gestoßen sind, als wir nach einer Unterkunft in Oberösterreich gesucht haben. In Rechberg gibt es nicht sonderlich viel – aber doch genug, um sich wohl zu fühlen. Der Dorfwirt Raab, bei dem wir übernachtet haben, verfügt über einen Mini-Saunabereich mit bloß einer einzigen Sauna – was mehr als genug ist, wenn sonst eh keine anderen Gäste da sind. Im Lokal wird abends zünftige Hausmannskost kredenzt, und irgendein komisches Independent-Cola wird serviert. Für Sommer-Urlauber gibt es in Rechberg einen kleinen Badesee, für Aktive sogar ein paar Wanderrouten, von denen wir sogar eine in Anspruch genommen haben – hätten wir das aber nicht gemacht, dann hätten wir wohl auch nicht viel verpasst. „Ich war niemals in Rechberg wandern,“ gehört wohl nicht zu den Dingen, die man am Sterbebett bereut. Auch hier bin ich höchst entspannt abgereist.

Was wir daraus lernen können? Weniger kann manchmal mehr sein. Der Mangel an Abenteuer-Optionen in den besagten Orten kann von findigen Reisenden vom Fluch in einen Segen verwandelt werden, um konsequent ein ganz bestimmtes Ziel zu verfolgen: Entspannung. Länger als ein paar Tage würde ich das vermutlich nicht aushalten – zum Abschalten am Wochenende ist es manchmal aber genau das Richtige.

Disclaimer: Im Gegensatz zur Herangehensweise anderer Influencer haben wir uns die Hotelaufenthalte aus der eigenen Tasche bezahlt.

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